Eine Bürogeschichte oder der gelbe Sack

Moritz, der Hund, der mich in den 1990er Jahren ins BEGiNE-Büro begleitete, hatte eine besondere Leidenschaft: Fressen.

Die höflichen und freiheitsliebenden Franzosen nannten ihn auf einem Campingplatz „Gigolo“ – hübsch, knackig und charmant wie er war -  scharwenzelte er (grinsend) um die Menschen herum, von denen er etwas Essbares erwartete – drehte ihnen aber ohne zu zögern den Hintern zu, wenn nichts mehr zu holen war – eben ein Gigolo.

Meine Schwester taufte ihn – wenig schmeichelhaft „der gelbe Sack“ und das blieb er, der Name passte auch noch in seinem hohen Alter. In der Umgebung der BEGiNE gab es immer einen Durchschlupf in den Zäunen, durch den er verschwand um Freunde zu besuchen, die dem armen verhungerten Hund immer etwas zusteckten. Da ich ihm durch die Gitterstäbe und Schlupflöcher nicht folgen konnte, bliebe mir nur laut rufend zu hoffen, dass er sein Mahl bald beendet haben würde.

Natürlich wussten alle Kolleginnen, daß schmackhaftes Essen außer Reichweite unseres gefräßigen Gastes aufbewahrt werden sollte – aber irgendwann geht es halt doch mal schief. Gewissenhaft hatte meine Kollegin ihren Wochenendeinkauf erledigt, bevor wir gemeinsam eine Veranstaltung betreuten. Sie ging vor mir nach Hause und als ich später ins Büro kam, fand ich auf meinem Schreibtisch ein säuberlich rundum beknabbertes Rosinenbrot (Rosinenpicker!!!) und einen Brief: „Hallo Barbara, dein Hund, das Schwein….“ Ich glaube, sie hat uns beiden nie wirklich verziehen.

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