Ihr lieben Beginen

Ihr habt Geburtstag. 35 Jahre gibt es Euch schon in der Potsdamer Straße. Mit 35 war ich durchs Gröbste durch. Wie sehr würde ich Euch das auch wünschen. Doch wir haben Corona und Ihr könnt nicht so feiern, wie es Euch gebühren würde. Ich kann Euch auch nicht durch einen dicken Blumenstrauß angrinsen, weil ich inzwischen in Bad Kreuznach wohne. Aber ich kann Euch mein Herz ausschütten - Euch meine Zuneigung und Bewunderung vor die Füße gießen.

Die Liebesgeschichte zwischen Euch und dem Haus begann wie jede gute Liebesgeschichte - mit viel Arbeit und einigen anstrengenden Überraschungen, die Euch besonders zusammengeschweißt hat. Ich konnte viele Jahre diese Liebe beobachten. Erst saß ich in Euren Räumen, um PELZE und Begine miteinander im Gespräch zu halten, denn es waren immer zwei Projekte mit starken Frauen - und da ist nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen. Aber gerade aus dieser Zeit erinnere ich mich an Respekt für die Pionierinnenarbeit der anderen. Manchmal wünschte ich, dass einige jüngere Frauen mal einen Blick in diese feministisch-(selbst)kritischen Diskussionen werfen könnten. Wir konnten unsere Unterschiedlichkeit durchaus stehen lassen. Es ging oft weniger ums Belehren als ums Begehren :-) . Und dann all die Jahre mit dem "Lesbischen Quartett". Ich habe mich immer auf diese Abende gefreut, die Ihr als freundliche Gastgeberinnen immer so besonders gemacht habt. Es hat nicht nur technisch geklappt, sondern die Rose am Ende des Abends drückte auch immer die Wertschätzung aus, die Ihr uns entgegen gebracht habt. Diese Rose habe ich immer gehegt und gepflegt. Wie oft habe ich meinem Besuch stolz grinsend verkündet: "Die habe ich von den Beginen geschenkt bekommen". Durch die Sicherheit, die Ihr vermittelt habt, konnte ich auch todmüde aus dem Studio kommen, mit Kummer und gesundheitlich angeschlagen auf die Bühne gehen. Es war ja für mich und meine Mitstreiterinnen gesorgt. Als ich das "Quartett" verließ, fiel mir der Abschied von Euch am schwersten. Aber ich habe auch meine Bücher bei Euch gelesen - eines der Bücher ist sogar bei Euch zur Welt gekommen. "Lesbisch. Eine Liebe mit Geschichte" habe ich bei Euch zunächst als einfachen Text gelesen. Andrea Krug hat mich dort angesprochen, daraus ein Buch zu machen. Ich hätte mir keinen besseren Ort für diese "Geburt" vorstellen können. Auch die Buchpremiere fand bei Euch statt. Wir hatten und haben noch viele Pläne miteinander, obwohl ich inzwischen nach Bad Kreuznach gezogen bin. Für Euch komme ich immer gern wieder nach Berlin.

Was Euch auszeichnet? Es ist Eure Haltung, die aus der Entstehungsgeschichte resultiert. Ihr habt Euch den Raum für Frauen genommen, das Unmögliche möglich gemacht. Ihr haltet diesen Raum mit großer Selbstverständlichkeit. Vielleicht ist das Euer größtes Erfolgrezept, dass Euch ermöglicht, als eines der letzten Frauenprojekte zu überleben: Ihr seid FÜR Frauen und nicht gegen ... Ihr stellt Euch mit Ruhe denen in den Weg, die GEGEN Frauen handeln. Dabei ist Eure Ausstrahlung so klar, dass auch Versuche, Euch zu verunsichern, an Eurer Souveränität abprallen. Deshalb wird es erst gar nicht versucht. Euch ist egal, was andere über Euch sagen, solange sich die Frauen bei Euch wohlfühlen. Ihr guckt in die richtige Richtung. Ob Quiz, Lesung, die zweite Verabredung mit meiner jetzigen Frau, Quartett, die "Geburt" meines Buches - immer war es der geschützte Raum der Begine, der das möglich machte. Das zwischen Euch und mir bleibt eine Liebesgeschichte, die hoffentlich nicht so bald endet.

Alles Liebe,
Eure Ahima

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